Landessynode fordert neue, an humanitären Standards orientierte Flüchtlingspolitik

Bad Neuenahr. Die Rettung von Menschenleben hat Vorrang vor Grenzsicherung. Ankommende Flüchtlinge müssen solidarisch verteilt werden. Für Schutzsuchende muss es legale Einwanderungsmöglichkeiten nach und durch Europa geben. Diese Eckpunkte einer „neuen Politik“ in der Flüchtlingsfrage hat die Landessynode 2016 formuliert. Über die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) soll die Bundesregierung zur „Entwicklung einer neuen, an humanitären Standards orientierten europäischen Flüchtlings- und Einwanderungspolitik“ aufgefordert werden. Das hat die Landessynode, das Leitungsorgan der Evangelischen Kirche im Rheinland, am Freitag in Bad Neuenahr beschlossen. Die Kirchenleitung soll den Text weiter aktualisieren und beispielsweise auch die Ressentiments gegenüber Flüchtlingshelfern aufnehmen.

„Drastische Maßnahmen der Flüchtlingsabwehr“, heißt es in dem Bericht (Drucksache 4), müssten zurückgenommen werden. Die Bundesregierung soll sich außerdem für eine wirksame Bekämpfung von Fluchtursachen einsetzen. Als Fluchtursachen benennt die Landessynode zum Beispiel Bürgerkriege, Armut, Bildungs- und Ressourcenmangel, Landgrabbing und religiöse Verfolgung. Deshalb fordert sie unter anderem: Abbau ungerechter Handelsbeziehungen, Abrüstung, nachhaltige Stärkung der Entwicklungszusammenarbeit, Menschenrechtsarbeit und Integration.

Integration vom ersten Tag an

Des Weiteren setzt sich die Landessynode dafür ein, die Integration von Flüchtlingen in den Mittelpunkt politischen Gestaltens zu rücken. Es brauche ein umfassendes Konzept und die entsprechende finanzielle Unterlegung auf Bundes- und Länderebene. Dabei macht sich die Landessynode vor allem für „Integration vom ersten Tag an“ stark.

Die Synode mit ihren 211 stimmberechtigten Mitgliedern aus den 38 rheinischen Kirchenkreisen stellt klar: „Das Recht auf ein menschenwürdiges Leben gilt für alle Flüchtlinge.“ Es dürfe nicht zwischen „guten“ und „schlechten“ Flüchtlingen oder auch zwischen Armutsflüchtlingen und politisch Verfolgten unterschieden werden. Die Synode hält in ihrem Beschluss fest: „Das christliche Menschenbild verpflichtet uns, in jedem Menschen ein Geschöpf Gottes mit gleicher Würde zu sehen.

In ihrem Beschluss dankt die Landessynode „für das große Engagement, Flüchtlinge in Deutschland willkommen zu heißen und sie zu unterstützen“. Außerdem ermutigt sie die Menschen in den Kirchenkreisen, Kirchengemeinden sowie kirchlichen Einrichtungen, in diesem Engagement nicht nachzulassen. Sie sollten sich „allen rassistischen Ressentiments“ entgegenstellen.

Besorgt zeigt sich die Landessynode über die „Zunahme von rechtsradikalem und menschenfeindlichem Gedankengut in unserer Gesellschaft“. Sie verurteilt Hass und Gewalt gegen Asylsuchende sowie Migrantinnen und Migranten, insbesondere in den Social Media und auf der Straße.

Die Evangelische Kirche im Rheinland und ihre Gemeinden werden durch die Zuwanderung „ihr Gesicht verändern“, heißt es weiter in der Erklärung. Dies soll in die Diskussion über die interkulturelle Öffnung der Kirche aufgenommen werden.

Landeskirche fördert Flüchtlingsengagement

Eine Million Euro sind im Jahr 2015 aus dem landeskirchlichen Haushalt in die Flüchtlingsarbeit der Gemeinden, Kirchenkreise und Einrichtungen geflossen, für 2016 stehen im Haushalt 1,5 Millionen Euro bereit. Für die Jahre 2017 bis 2019 sind insgesamt 3,25 Millionen Euro für die Flüchtlings- und Integrationsarbeit vorgesehen.

Weltweit sind 60 Millionen Menschen auf der Flucht, heißt es im Bericht zu Flüchtlingsfragen, erstattet der Landessynode 2016. Zwar komme nur ein geringer Anteil der Flüchtlinge nach Europa. Doch mit der Zahl der Krisenherde wachse der Migrationsdruck auch auf Europa. Die Aufnahme der Flüchtlinge stelle Deutschland vor erhebliche logistisch-organisatorische Herausforderungen, heißt es weiter in dem Bericht. Nun folge „der Abschottung Europas nach außen die Abschottung einzelner Staaten wie Ungarn inmitten Europas“.

Betont wird in dem Bericht, es gebe keine Flüchtlingskrise, sondern eine politische Krise, beklagt wird ein „europäisches Staatsversagen“.

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