Franz Segbers: Zinsverbot und Schuldenerlass.

Beim Wort genommen

Deutscher Evangelischer Kirchentag, Berlin, Donnerstag 25. Mai 2017

 „Wir halten es nicht mehr aus!“ Mit diesem Appell richteten griechische Theologen und Theologinnen einen verzweifelten Appell an den letzten Kirchentag in Stuttgart. Darin fordern sie: „Wir plädieren für eine internationale Schuldenkonferenz für Griechenland, vergleichbar der Londoner Schuldenkonferenz 1953, auf der Deutschland ein Großteil der Schulden erlassen wurde.“ Seine Schulden zu zahlen gilt als eine selbstverständliche moralische und auch rechtliche Pflicht. Doch diese vermeintliche moralische Selbstverständlichkeit ist ökonomisch keineswegs selbstverständlich, denn nach der ökonomischen Lehre ist die Kreditvergabe immer mit einem gewissen Risiko verbunden. Dies ist auch der Grund für die Risikoprämien bei der Kreditvergabe. Ökonomisch gilt, dass derjenige, der den Nutzen hat, auch den Schaden tragen muss. Doch nicht allein ökonomisch ist Kreditvergabe immer mit einem Risiko verbunden, es kann auch politische Gründe geben.

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Heinrich Fink: Emil Fuchs: Gerechtigkeit und Frieden – Ein biblisches Gebot oder: Wie er zu Karl Marx und den Religiösen Sozialisten kam

Von Begegnungen und Gelesenem

Heinrich Fink auf dem evangelischen Kirchentag 2017

Von Emil Fuchs hörte ich zum ersten Mal 1954, als ich an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin an einer Einführungsvorlesung für Neuimmatrikulierte teilnahm, in der die Professoren sich selbst und ihr Fach vorstellten. So auch Prof. Dr. Erich Fascher, der gerade als Neutestamentler von der Universität Greifswald nach Berlin berufen worden war.

In der Vorlesung zuvor hatte der Systematiker Prof. Dr. Heinrich Vogel versucht, uns Anfängern klarzumachen, dass der Kirchenkampf mit den Kirchengemeinden und ihren Pfarrern, die zum Beispiel auf der «arischen» Abstammung Jesu bestanden und das «Alte Testament der Juden für die christlich-deutsche Frömmigkeit als unzumutbar» ansahen, noch keineswegs ausgestanden sei. Die Bekennende Kirche sei Minderheit geblieben. Jahre vor der 1933 erfolgten Machtübertragung auf Adolf Hitler wären leider auch Pfarrer bereits Mitglieder der NSDAP gewesen, und in pro-arischer Stimmung hätten Kirchengemeinden später sogar akzeptiert, dass etwa in Eisenach ein von der Thüringer Kirchenleitung und der Theologischen Fakultät Jena verantwortetes Institut ein «vom jüdischen Einfluss gereinigtes Neues Testament» erarbeitete. Erst mit der Befreiung vom Faschismus am 8. Mai wurde das Institut geschlossen. Dieses «Neue» Testament war schon fertiggestellt, aber nicht mehr gedruckt und ausgeliefert worden.

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Revolution und Reformation

Seminar der Rosa-Luxemburg-Stiftung auf dem evangelischen Kirchentag 2017 zu Revolution und Reformation. Luther, Müntzer, Marx.

Revolution als tiefgreifender gesellschaftlicher Umbruch begriffen. Wie kann man zu einem solchen tiefgreifenden Umbruch als Linke kommen? Dieser Frage geht diese Veranstaltung am Freitag Nachmittag 26. Mai 2017 auf dem Kirchentag nach. Reformation ist eine Bewegung, die ihre Wurzeln in der Hussitischen Bewegung hat, in der Reformationsbewegung in England und den humanistischen Bewegungen. Martin Luther, Thomas Müntzer und Karl Marx werden hier genauer betrachtet. Ulrich Duchrow, Befreiungstheologe und Mitbegründer von Kairos Europa, Julia Lis vom Institut für Theologie und Politik Münster, Michael Ramminger, ebenfalls vom Institut für Theologie und Politik, Kacem Gharbi, muslimischer Befreiungstheologe werden diesen Fragen auf den Grund gehen. Cornelia Hildebrandt von der Rosa-Luxemburg-Stiftung moderiert die Veranstaltung

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Prof. Ulrich Duchrow : Mit Luther, Marx und Papst Franziskus gegen Kapitalismus

Prof. Ulrich Duchrow

Der Kapitalismus – also die vom Kapitalwachstum angetriebene imperiale Wirtschaft und Lebensweise als Gesamtzivilisation – muss überwunden werden, auch wenn noch nicht klar ist, wie das im Einzelnen geschehen kann und wird. Denn Ausbeutung, Ausgrenzung, soziale Spaltung und ökologische Zerstörung sind im Kapitalismus so untrennbar miteinander verbunden, dass ihn ein schöner, aber begrenzter Planet nicht auf Dauer als Parasit ertragen kann. Von daher ist das klare »Ja« zur Überwindung der geldgetriebenen Zivilisation und damit ein klares »Nein« zur kapitalistischen (Un-)Ordnung die unabdingbare Grundlage von allem Weiteren.

Für die Bewusstwerdung der Bevölkerung auch in den Breiten, die noch zu profitieren meinen, ist es deshalb von außerordentlicher Bedeutung nachzuweisen, dass die Propheten, die Tora, der Buddha, Jesus, Mohammed, die Reformbewegungen im Mittelalter, Luther und andere Reformatoren bis hin zur heutigen Ökumene und Papst Franziskus aus theologischen und philosophischen Gründen Nein zum Geldfetischismus auf dessen verschiedenen Entwicklungsstufen sagen.

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Gemeinwirtschaft stärken

Auf der Flugschriftverantstaltung „Den Kapitalismus überwinden. Mit Luther, Marx & Papst.“ am 25. Mai in der Emmauskirche in Berlin ruft Bodo Ramelow zu mehr genossenschaftlichen Handeln auf. Der Gedanke der Gemeinwirtschaft sei trotz der Fehlerentwicklungen von „Neue Heimat“ und „KOOP“ durchaus richtungsweisend. Er will auch künftig für konkrete Veränderungen für die Menschen eintreten, wie eine gute Gesundheitsversorgung für alle, statt renditeorientierte Krankenhauskonzerne, für eine Rente die von allen erwirtschaftet wird und deshalb auch nicht den Kapitalmärkten ausgeliefert werden darf, sondern in einem gerechten Umverteilungssystem in das alle Einkommen einbezogen werden müssen, auch Vermögenseinkommen ohne Bemessungsgrenzen, sondern nach Leistungsfähigkeit. Für eine solche Bürgerversicherung für Rente und Gesundheit würde er auch künftig werben.

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Helge Meves: Alles nur Opium des Volkes, alles nur Seufzer?

In der Linken wird die Frage nach der Religion nicht selten mit dem Hinweis darauf, dass das eh‘ alles „Opium des Volkes“ oder „Seufzer der Kreatur“ seien. Aber was meint Marx damit und was sind die Konsequenzen daraus?

Alles nur Opium des Volkes, alles nur Seufzer? Über Vorschein und Praxis utopischer Religionen bei Marx und die Hybris einiger aufklärerischer Religionskritiker. In: Neues Deutschland vom 23. Mai 2017, Schwerpunkt, S. 18. [Der Essay erschien in der Printausgabe ohne Download als .pdf sowie online textidentisch mit Textnach- und Hinweisen]  Online  und Download als .pdf

Helge Meves: Nun sag‘, wie hältst du‘s mit der Religion? …

… die Religionspolitik und das Verhältnis zum Islam in den Entwürfen zu den Bundestagswahlprogrammen von SPD, Grünen, FDP und LINKEN. In: DISPUT Mai 2017 S. 22/23 Download des Essays als .pdf

Der Teil zur AfD ist bei Gelegenheit eines Rezensionsessays für die Sonderausgabe des DISPUT zum Kirchentag, S. 3 erschienen: Nächstenliebe kennt keine Obergrenzen. Rezension zu AfD, Pegida & Co. Angriff auf die Religion? Freiburg, Herder, 2017.

RLS-Paper: Kapitalismus als Religion – aktualisierte Neuauflage erschienen

Dokumentation von Beiträgen des Seminars auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag 2013. Aktualisierte Ausgabe 2017.

Als PDF hier herunterladen.

Beiträge von Ulrich Duchrow, Franz Hinkelammert, Franz Segbers und Michael Brie.

«… dass es so weiter geht, ist die Katastrophe», schreibt Walter Benjamin schon in den 1930er Jahren, damals angesichts der faschistischen Gefahr und des drohenden zweiten Weltkriegs. Er befragt den Absolutheitsanspruch des Kapitalismus, der sich alternativlos längst als Religion gebärdet – Kapitalismus als Religion. Aber gerade die Alternativlosigkeit wird immer wieder von Linken (Christen, Marxisten, Sozialisten) in Frage gestellt. So wird in der Theologie der Befreiung seit vierzig Jahren der Kapitalismus auch darauf hin befragt, ob er mit seinen vielfältigen Formen individueller und kollektiver «Bestrafung» (vom Mangel an Essen, Kleidung, Gesundheitsversorgung, Wasser, Bildung bis zum Mangel an Arbeit, sozialen und demokratischen Rechten, von Embargo bis zum Krieg) sich nicht längst als Religion gebärdet? Was bedeutet es heute konkret, wenn Kapitalismus zur Religion wird? Wo müssen Gesellschaftskritik und Kämpfe um gesellschaftliche Alternativen heute ansetzen?

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Ilsegret Fink: Luther und sein Antijudaismus

Wer über Martin Luther spricht, darf seinen folgenschweren Hass gegen Juden nicht verschweigen. Seine Schrift: „Von den Juden und ihren Lügen“ ist fast vierhundert Jahre später zum fatalen Drehbuch des größten staatlich organisierten Judenprogroms der deutschen Geschichte geworden. Das war der Auftakt einer angeblich wissenschaftlichen Rassenlehre, durch die im II. Weltkrieg dann europaweit 6 Millionen Juden ermordet wurden. Heute muss die Frage beantwortet werden, warum Antijudaismus das christliche Abendland – also so auch Luther–   geprägt hat.

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Ringen um Gerechtigkeit im weltanschaulichen Dialog

Im Andenken an den Antifaschisten Emil Fuchs

Ohne die Vision von Gerechtigkeit werden die Menschen wüst und wild. Diese Erfahrung der Propheten des Alten Testaments ist heute aktuell und drängend. Wie kann den immer deutlicher hervortretenden Tendenzen der Barbarisierung, des Autoritarismus, der Ausgrenzung und Aussperrung, der Gleichgültigkeit gegenüber den Mitmenschen wirksam begegnet werden?

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